Material: Holz
Maße: 20 cm hoch
Entstehungszeit: 1905 bis 1906
Solche einfachen Holzfächer, die eigentlich zur Kühlung an warmen Tagen dienten oder die stickige Luft in Räumen vertreiben sollte, waren vor allem modisches Accessoire, Statussymbol und Hilfsmittel der Koketterie. Ab Ende des 19. Jahrhunderts dienten aus Holzplättchen gefertigte Briséfächer auch als Tanzkarten, indem sich die Herren auf den Blättern des Fächers eintragen, oder als Souvenirs, indem Freunde sich mit einem Spruch oder Autogramm verewigten.
Diesen Handfächer mit einem gemalten Kirchzweig erinnert an die Tanzstunde 1905 – 1906, die im Städtischen Realgymnasium Borna am Königsplatz stattfand. Der Kirschzweig wurde von der Bornaer Schriftstellerin Sophie Reuschle-Rühlemann gezeichnet. Mit kleinen Versen verewigten sich einige Tanzpartner, die auch später noch zum Freundeskreis von Sophie Reuschle gehörten.
Sophie Reuschle wurde am 8. März 1891 in Neuenstein (Württemberg) als Sofie Häfner geboren und stammte aus ganz ärmlichen Verhältnissen. 1893 wurde sie von der Bornaer Rechtsanwaltsfamilie Reuschle adoptiert und wuchs somit in wohlhabenden Verhältnissen auf. In den 1920er Jahren und nach ihrer Scheidung von Herbert Rühlemann (1947) war Sophie Reuschle-Rühlemann schriftstellerisch tätig. Aus ihrer Feder stammen viele Märchen, Erzählungen und Gedichtbänder. Aber auch in der Kunst des Scherenschnittes war sie eine begnadete Künstlerin. So sind einige ihrer Bücher mit ihren Scherenschnitten illustriert. Nach dem Zweiten Weltkrieg siedelte Sophie Reuschle-Rühlemann nach Bielefeld über, wo sie am 21. Oktober 1982 verstarb.
Das Museum der Stadt Borna konnte in diesem Jahr den umfangreichen persönlichen und künstlerischen Nachlass von Sophie Reuschle-Rühlemann erwerben. Unter den vielen Alben mit Scherenschnitten bzw. Zeichnungen, Bücher, Manuskripten und Fotos befand sich auch dieser kleine Handfächer in Erinnerung an ihre glückliche und unbeschwerte Jugendzeit. Er muss für sie auch einen hohen Erinnerungswert gehabt haben, da er immer in der Schublade ihres Schreibtisches lag, wo sie ihre Manuskripte und Gedichte schrieb.